KI im Dienst der Nachhaltigkeit: Fellow Felix Riese auf Mission

 

Trinkwasser für Peru, Precision Farming in Australien

Trinkwasser und Nahrung – diese Grundbedürfnisse des Menschen sind in weiten Teilen der Welt keine Selbstverständlichkeit. Künstliche Intelligenz kann helfen, präzise hydrologische Modelle zu entwickeln und mit Präzisionslandwirtschaft Erträge zu steigern. Fellow Felix M. Riese absolviert das Promotionsprogramm am Collège, welches den MBA mit einem Doktor an einer technischen Universität kombiniert. Im Rahmen seiner Promotion am KIT hat er Künstliche Intelligenz in Peru und Australien eingesetzt. Hier berichtet er davon.

Mit modernster KI-Methodik kämpft Felix M. Riese in den Anden gegen Wasserknappheit.

Peru: KI im Kampf gegen Wassermangel

Wasserknappheit wird zu einem der drängendsten Probleme der Menschheit werden, wie Klimaforscher immer wieder warnen. Einige sprechen gar von Kriegen, die wir um sauberes Trinkwasser führen werden. Peru ist schon jetzt besonders betroffen, Lima gilt als trockenste Hauptstadt der Welt. Das UN-Nachhaltigkeitsziel Nummer 6, „sauberes Wasser und Sanitärversorgung für alle“, ist hier schwer umzusetzen. Hoffnung auf Abhilfe verspricht das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte TRUST Forschungsprojekt.

Am Beispiel der peruanischen Hauptstadt Lima werden Trinkwasserkonzepte für Großstädte mit Wassermangel entwickelt.

Dabei verknüpfen die Forscher aus Deutschland Verfahren aus der satellitengestützten Fernerkundung und Wasserhaushaltsmodellierung mit strategischen Entscheidungstools und Konzepten der integrierten Wasserversorgung. Meine Promotion am Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beinhaltet modernste KI-Methodik und erfolgt im Rahmen des TRUST-Projektes. Während meiner Promotion habe ich auf Satelliten und Drohnen basierende KI-Bodenkarten erstellt. Mit künstlicher Intelligenz können in diesen multispektralen Bildern komplexe Zusammenhänge erkannt werden.

Da bekanntlich die Qualität von KI-Vorhersagen stark von der Qualität der Trainingsdaten abhängt, bin ich für sechs Wochen nach Peru gereist, wo ich eine Drohnen-Messkampagne in den Anden auf über 3000 Höhenmetern geleitet habe. Das Einzugsgebiet des Flusses Lurin, aus dem die Hauptstadt Lima Trinkwasser gewinnen soll, ist die Basis für präzise hydrologische Modelle und Risikokarten, aus denen dann ein Trinkwasserkonzept entsteht.

Ergebnis sind hyperspektrale Flächenaufnahmen von einer Fläche von über 10 Fußballfeldern bei einer Bodenauflösung von 3 cm.

Daraus können wertvolle Erkenntnisse über das Flusseinzugsgebiet wie zum Beispiel räumliche Bodenfeuchteverteilungen oder spektrale Signaturen von Böden und Bodenfeuchten gewonnen werden. Die räumlich viel gröber aufgelösten Satellitenbilder können zudem verfeinert werden. Da für das TRUST Projekt Nachhaltigkeit entscheidend ist, wird die KI mit den eigens dafür entwickelten Programmen nach und nach kostenlos online zur Verfügung gestellt.

Australien: Mit Data Science gegen den Welthunger

822 Millionen Menschen hungern – eine Zahl, die kaum zu erfassen ist. Dramatischer ausgedrückt: Alle zehn Sekunden stirbt ein Kind unter fünf Jahren an Hunger. Die Grundlage im Kampf gegen den Welthunger ist eine sichere Nahrungsmittelversorgung – und die beginnt beider Landwirtschaft.

Das australische Startup FluroSat bietet konkrete Lösungen für die Präzisionslandwirtschaft. Das stark wachsende Unternehmen der Gründerin Anastasia Volkova hat sich dem Ziel verschrieben, Technologie dort anzuwenden, wo es am nötigsten ist und so die Ressourcen für die nachkommenden Generationen zu bewahren.

Trinkwasserversorgung in Wassermangelregionen: Konzept des Forschungsprojekts TRUST. © TRUST 2017

FluroSat gibt mit Bildern von Satelliten, Flugzeugen und Drohnen sowie einer Vielzahl anderer Daten großflächig Empfehlungen für Landwirte heraus, wie sowie einer Vielzahl anderer Daten großflächig Empfehlungen für Landwirte heraus, wie sie ihre Felder am besten managen können.

Zu den Produkten gehören Düngeempfehlungen, Benachrichtigung bei Pflanzenstress wie Wassermangel und Schädlingen, sowie Empfehlungen zum Farmmanagement. Damit sollen Erträge der Landwirte gesteigert werden – bei gleichzeitig minimaler Umweltbelastung durch Dünger und unnötiger Bewässerung. Ziel ist, die globale Ernährung zu verbessern. FluroSat hat im Sommer 2019 über drei Millionen US-Dollar von Microsofts M12 Fund eingeworben und steckt mitten in einer Expansionsphase. Einige Monate nach meinem Peru-Einsatz bin ich nach Sydney geflogen, um das Team von FluroSat mit KI-Vorhersagen zu unterstützen.

Mit Hilfe von KI können angebaute Pflanzen in den USA und Australien erkannt und deren Wachstumsverläufe präzise vorhergesagt werden.

Hauptherausforderung hierbei war die Integration vorhandenen Wissens aus Biologie und Landwirtschaft in die Daten-getriebene KI. Für jedes landwirtschaftliche Feld werden aus der Zeitreihe der Satellitenbilder eines Jahres Merkmale erzeugt. Aus diesen Merkmalen lernt die KI den Zusammenhang zwischen Pflanzenart und Satellitenbildern. Die Entwicklung und Auswahl dieser Merkmale ist wichtig, wird aber bei wachsenden Datenmengen mehr und mehr von der KI selbst übernommen.

Ob Trinkwasserkonzepte oder Präzisionslandwirtschaft, künstliche Intelligenz kann im Dienst der Nachhaltigkeit einen wichtigen Beitrag leisten. Generell können datenintensive Bereiche wie die Satellitenfernerkundung und die Bildverarbeitung stark von KI-Anwendungen profitieren. Der Einsatz von KI ist allerdings schwierig und mit vielen Herausforderungen verbunden.

So müssen z.B. ausreichend Trainingsdaten von hoher Qualität zur Verfügung stehen, damit KI-Methoden sinnvoll zum Einsatz kommen können. Trainingsdaten bestehen aus Eingangsdaten wie Bildern sowie aus Referenzdaten wie Bodenproben oder von Landwirten markierte Felder. In Peru wurden dafür unter großem Aufwand an abgelegenen Berghängen Bodenproben entnommen.

Die Übertragbarkeit von trainierten KI-Methoden von einem Gebiet auf ein anderes, für die KI unbekanntes Gebiet ist schwierig. Es hilft, sich vor der Aufnahme der Trainingsdaten über die Übertragbarkeit Gedanken zumachen und die Aufnahme strategisch zu planen. Zudem kann spezifisches Fachwissen aus Physik und Biologie die KI-Vorhersage vereinfachen. Das Einbringen des Fachwissens in das datengetriebene KI-Training muss aber sorgfältig und intelligent durchgeführt werden.

Eine ausreichende Wasserversorgung für alle und genug Nahrung für die gesamte Weltbevölkerung werden eine Utopie bleiben. Aber Dank KI können wir zumindest einige Schritte in diese Richtung gehen.

Felix M. Riese

Fellow im Promotionsprogramm Science & Management

Promotion am Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung des KIT mit Schwerpunkten Hyperspektrale Fernerkundung, KI und Data Science.

Master: Experimentelle Teilchenphysik mit Schwerpunkt Datenanalyse am KIT

Bachelor: Physik am KIT

 

 

 

 

Interview: Mit zwei Drohnen und einem Koffer voller Batterien nach Peru – kein leichtes Vorhaben

Wie bist du mit deinem Equipment nach Peru gekommen? Einfach am Flughafen eingecheckt?

In kurz: Es war unerwartet schwer. Eine der beiden Drohnen hat 15 kg gewogen. Dazu kam ein Koffer voller Li-Po-Batterien mit über 26 kg. Die Batterien sind sehr schwierig zu transportieren, da sie nur in Cargo-Flugzeugen mit Spezialausstattung geflogen werden dürfen. Nachdem unser Equipment nach größerem Aufwand dann in Lima angekommen ist, haben wir zwei Wochen mit dem Zoll verhandelt und Unterlagen nachreichen müssen, um unser temporär eingeführtes Equipment zu bekommen.

Wie lief dann die Datenaufnahme in Peru?

Die Hauptherausforderung war für uns das Gelände. Wir haben teils sechs Stunden mit dem Geländewagen zu einem Messgebiet gebraucht und haben mit dünner Luft (auf bis zu 3800 ü.N.N.) und starker Sonnenstrahlung zu kämpfen gehabt. Für die dünne Luft oberhalb von 2500 Metern ü.N.N. haben wir eigens dafür konzipierte Propeller an die Drohne anbringen müssen. Die Menschen vor Ort waren dafür sehr entspannt und es hat eindeutig die Wissbegier dem Misstrauen gegenüber der Technik überwogen. Besonders die Kinder kamen hergelaufen und waren von der Drohne fasziniert.

Sind die Drohnen autonom geflogen?

Alle Aufnahmen der Hyperspektralkamera werden automatisch durchgeführt. Ich programmiere die Drohne, ein Grid im Gelände abzufliegen und überwache den Flug, um jeden Moment eingreifen zu können. Landungen im Gelände sowie einfache Videoaufnahmen habe ich manuell gesteuert.

Was hast du ansonsten in Peru erlebt?

Die Kriminalität von Lima ist sehr hoch. Selbst (oder gerade) in der besten Gegend, dort wo wir wohnten, fuhr minütlich Polizei durchs Wohngebiet und jeder Häuserblock hatte einen Straßenwächter. Uns selbst wurde nur der Ersatzreifen geklaut, sonst hatten wir keine Verluste zu vermelden.

Hexacopter DJI Matrice 600 Pro mit 6 Carbon-Rotoren, 5 GPS-Einheiten und einer montierten Hyperspektralkamera.
Hexacopter DJI Matrice 600 Pro mit 6 Carbon-Rotoren, 5 GPS-Einheiten und einer montierten Hyperspektralkamera.
Datenaufnahme in Peru. Für die dünne Luft oberhalb von 2500 Metern ü. N. N. hat Felix Riese eigens dafür konzipierte Propeller an die Drohne anbringen müssen.
Datenaufnahme in Peru. Für die dünne Luft oberhalb von 2500 Metern ü. N. N. hat Felix Riese eigens dafür konzipierte Propeller an die Drohne anbringen müssen.

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